Ganztagsförderung bewegt gestalten!

Jugendpolitisches Statement der Deutschen Sportjugend und ihrer Mitgliedsorganisationen zum Rechtsanspruch auf eine ganztägige Betreuung und Förderung von Kindern im Grundschulalter

Mit dem vom Deutschen Bundestag und Bundesrat verabschiedeten Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) und der damit ab dem 01. August 2026 verbundenen stufenweisen Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung für alle Kinder im Grundschulalter wird die Zahl der ganztägig betreuten Kinder weiter ansteigen und die Ganztagsbildung weiter an Bedeutung gewinnen.

Die Deutsche Sportjugend und ihre Mitgliedsorganisationen begrüßen den Ausbau der Ganztagsförderung und -bildung, weil damit die Teilhabechancen von Kindern verbessert und das Übergangs- und Betreuungsmanagement von Kita zu Grundschule weiter ausgebaut werden könnten. Die Ausgestaltung des Ganztags muss kindgerecht und kindorientiert erfolgen. Aus Sicht der Sportjugend kann und darf es nicht der Anspruch des Ganztags sein, lediglich Kinder zu betreuen. Der Ganztag muss vielmehr zu einem Lebens-, Bildungs- und Bewegungsort werden, in dem die Perspektiven und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen berücksichtigt und Kinderrechte, u. a. das Recht auf Spiel, umfassend verwirklicht und gewährleistet werden. Kinder brauchen sowohl angeleitete Bewegungseinheiten als auch Freiräume, die für Bewegung und freies Spielen genutzt werden können. Dafür müssen entsprechende Beteiligungskonzepte umgesetzt werden – der gemeinnützige, organisierte Kinder- und Jugendsport1 kann hier seine langjährigen Erfahrungen in der Partizipation von Kindern einbringen.

Bewegung, Spiel und Sport fest im Ganztag verankern
Aufgrund der längeren täglichen Verweildauer der Kinder in der Schule sowie der zunehmenden Institutionalisierung von Kindheit und Jugend, die zu weniger Freizeit und Freiräumen führen sowie insbesondere aufgrund des alarmierenden Bewegungsmangels von Kindern, der sich durch die Corona-Pandemie noch weiter verstärkt hat, ist es dem Kinder- und Jugendsport ein besonders wichtiges Anliegen, ein bewegungsfreundliches und bewegungsförderndes Schulleben – insbesondere im Primarbereich – beim Ausbau des Ganztags zu schaffen. Da aktuelle Studien die immense Bedeutung einer Bewegungsförderung für ein gesundes Aufwachsen von Kindern belegen, müssen aus der Sicht des Kinder- und Jugendsports insbesondere Bewegung, Spiel und Sport im Grundschulbereich eine noch bedeutendere Rolle als bisher spielen und von Anfang an von Lehr- und anderen Fachkräften umgesetzt werden.

Der Ausbau des Ganztags erfordert eine qualitative und quantitative bedarfsgerechte Verankerung von täglichen Bewegungs- und Sportangeboten. Dafür sind von der Politik auf Bundes- und Landesebene notwendige Rahmenbedingungen wie die Einrichtung und Gestaltung von Bewegungsräumen und -gelegenheiten sowie die Gewinnung und Qualifizierung von zusätzlichem Ganztagspersonal verbindlich zu schaffen und nachhaltig sicherzustellen.

Gestaltung des Ganztags gemeinsam verantworten – Sport als Bildungsakteur anerkennen
Durch die Regelung des Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung von Grundschulkindern im Sozialgesetzbuch (SGB) – achtes Buch (VIII) wird deutlich, dass die Kinder- und Jugendhilfe in gemeinsamer Verantwortung mit dem Schulsystem den Ganztag gestaltet. Als Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe und als Bildungsakteure übernehmen Sportvereine und -verbände, insbesondere mit ihren Jugendorganisationen, stellenweise Trägerschaften des Ganztags und gestalten den außerunterrichtlichen Schulsport in Ganztagsschulen mit vielfältigen Angeboten und Maßnahmen bereits seit vielen Jahren kompetent mit. Damit sind sie wesentlicher Bestandteil früher Bildung. Hier bedarf es Anerkennung auf allen politischen Ebenen.

Um die weitere Ausgestaltung des Ganztags in gemeinsamer Verantwortung weitervoranzutreiben, gemeinsame Qualitätsentwicklung im Ganztag gewährleisten und die Potenziale von geeigneten und bewährten Kooperationsformen entfalten zu können, müssen (Ganztags-)Schule und organisierter Kinder und Jugendsport im Hinblick auf die neuen Gegebenheiten verstärkt aufeinander zugehen und sich intensiv aufeinander beziehen sowie gemeinsam mit den zuständigen öffentlichen Stellen notwendige kooperationsförderliche Rahmenbedingungen schaffen. Den Kommunen kommt hier eine bedeutende Rolle in der Koordination vor Ort zu.

Strukturen des Kinder- und Jugendsports unterstützen und sichern
Als größter Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe und Jugendverband sind die Deutsche Sportjugend und ihre Mitgliedsorganisationen bei der weiteren Arbeit von Bund und Ländern zur Ausgestaltung des Ganztags zu beteiligen. Da Sportvereine als häufigster Kooperationspartner von Schulen zahlreiche Angebote im Ganztag realisieren, muss die hauptsächlich ehrenamtliche Struktur der Sportvereine unterstützt werden, indem eine dauerhafte, flächendeckende und ausreichende finanzielle Absicherung und Unterstützung der Strukturen des Kinder- und Jugendsports zur Qualitätssicherung und zum Ausbau der ganztäglichen Bewegungsangebote erfolgt. Damit sich auch kleinere Sportvereine im Ganztag engagieren können, sollte beispielsweise eine Unterstützung in Form flächendeckender lokaler Netzwerkmanager* innen, die Kooperationen initiieren und begleiten, erfolgen. Ein wichtiger Bestandsteil ist die Förderung und Gewinnung von Fachkräften, bspw. Trainer*innen, Übungsleiter*innen, Jugendleiter*innen, da die Sportvereine vor allem hier einen enormen Bedarf feststellen.

Strukturen und inhaltliche Arbeit des Sports an die neuen Lebensrealitäten von Kindern anpassen
Da davon auszugehen ist, dass der Ausbau des Ganztags auch Auswirkungen auf Kooperationen von Sportvereinen mit Schulen sowie auf die Gesamtstruktur der Sportvereine und -verbände haben wird, sind auch der organisierte Sport und seine Sportvereine selbst gefragt, ihre Strukturen und ihre inhaltliche Arbeit an die neuen Lebensrealitäten von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien anzupassen. Damit sind Herausforderungen für die Vereinsentwicklung jedes Sportvereins mit Angeboten für Kinder und Jugendliche verbunden. Der Kinder- und Jugendsport wird nicht nachlassen, im Zuge einer außerschulischen Teilhabe und Freizeitmöglichkeit allen interessierten Kindern und Jugendlichen Zugänge zu Bewegung, Spiel und Sport und insbesondere in den Sportverein zu ermöglichen. Für ein qualifiziertes Bewegungsangebot halten die Sportverbände ein umfangreiches Ausbildungssystem im Rahmen der DOSB Lizenzausbildung vor. Zudem wird der organisierte Sport gemeinsam mit Hochschulen und anderen adäquaten Bildungspartnern nach weiteren geeigneten und qualitativ hochwertigen Qualifizierungsmöglichkeiten für Bewegungs- und Sportangebote im Ganztag suchen und bestehende Formate bedarfsgerecht weiterentwickeln.

Die Deutsche Sportjugend wird sich gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund im Laufe des Jahres noch einmal ausführlich zum Ganztagsfördergesetz und dem damit verbundenen Rechtsanspruch auf eine ganztägige Betreuung und Förderung im Grundschulalter positionieren und konkrete Forderungen beschließen. Das Positionspapier zum Download siehe unten.