Die Bundesregierung plant, die Mittel für Freiwilligendienst – auch im Sport – drastisch zu kürzen. Ab 2024 würde jeder vierte Platz wegfallen. Wir haben mit Kerstin Sinsel, Vorstandsvorsitzende des Mombacher Turnvereins, sowie dem Freiwilligendienstleistenden im Verein, Elias Kraft, zu den geplanten Kürzungen gesprochen.

Die geplanten Kürzungen bedeuten nicht nur eine deutliche Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Freiwillige, sondern auch die Gefährdung der pädagogischen Qualität, Struktur und Existenz von Freiwilligendiensten.

Die finale Entscheidung über den Bundeshaushalt 2024 fällt mit der Bereinigungssitzung am 16. November. Im Rahmen des bundesweiten Aktionstages #KuerztUnsNichtWeg am 6. November machten Verbände und Organisationen aus ganz verschiedenen Bereichen auf die dramatischen Konsequenzen der Kürzungen bei den Freiwilligendiensten aufmerksam.

In Rheinland-Pfalz leisten jährlich rund 275 junge Menschen ihren Freiwilligendienst im Sport – organisiert und koordiniert von der Sportjugend des Landessportbundes Rheinland-Pfalz.

Wir haben mit Kerstin Sinsel, Vorstandsvorsitzende des Mombacher Turnvereins, sowie dem Freiwilligendienstleistenden im Verein, Elias Kraft, zu den geplanten Kürzungen gesprochen.

Elias Kraft

Was hast du bisher durch deinen Freiwilligendienst gelernt?

Ich habe gemerkt, dass das FSJ einen viel größeren inhaltlichen Umfang bedeutet, als ich zunächst dachte. Ich bin schon jetzt nach kurzer Zeit verantwortungsbewusster geworden und nicht nur dadurch entwickle ich mich weiter und stärke meine Persönlichkeit.

Mir ist noch bewusster geworden, dass alle Menschen unterschiedlich sind und es wichtig ist, flexibel und offen auf Menschen zuzugehen. Vor allem der Umgang mit Kindern ist gar nicht so leicht und erfordert viel Aufmerksamkeit und Anpassungsfähigkeit, aber auch Durchsetzungsfähigkeit.

Welchen Mehrwert bietet der Freiwilligendienst jungen Engagierten allgemein?

Das FSJ bietet mir und anderen FSJlern einen Einblick in die Arbeitswelt. So kann ich mich langsam ans Berufsleben herantasten und persönliche Kompetenzen (weiter-)entwickeln.

Außerdem wird das FSJ als praktischer Teil der Fachhochschulreife anerkannt. Es bietet also auch Möglichkeiten für die Weiterbildung in Ausbildung oder Studium.

Warum dürfen die Mittel nicht gekürzt werden?

Der Freiwilligendienst wirkt sich positiv auf Jugendliche aus. Neben den zuvor schon erwähnten Vorteilen für meine weitere berufliche Laufbahn kann ich wichtige und nützliche Kompetenzen weiterentwickeln. Durch das FSJ werde ich für das Ehrenamt sensibilisiert. Das Ehrenamt ist enorm wichtig für unsere Gesellschaft und darf nicht aussterben. Durch ein FSJ werden Jugendliche darauf aufmerksam gemacht und für die ehrenamtliche Arbeit in Vereinen oder anderen sozialen Einrichtungen begeistert.

Für viele Jugendlichen ist es auch eine Gelegenheit, nach der Schule erstmal herauszufinden, was sie im Leben machen wollen und sich zu orientieren.

Wenn die Mittel gekürzt werden, werden den jungen Menschen, den Vereinen und der Gesellschaft viele Chancen und Möglichkeiten gestrichen. Das wäre sehr schade.


Kerstin Sinsel
 

Was würde die aktuell geplante Kürzung im Freiwilligendienst für euch als Einsatzstelle konkret bedeuten?

Durch die fehlende Förderung würde es für uns deutlich schwieriger werden, jedes Jahr eine FSJ-Stelle zu finanzieren.

Welche Rolle spielen die Freiwilligendienstleistenden für euch?

Die Freiwilligendienstleistenden unterstützen uns in unserer Vereinsarbeit an sehr vielen Stellen. Sie helfen in Übungsstunden mit, in der Verwaltung und bei der Organisation von Veranstaltungen des Jugendausschusses und darüber hinaus. Insbesondere in der Betreuung im Kinder- und Jugendbereich sind sie eine große Hilfe, da wir nicht für alle Übungsstunden ausreichend Übungsleiter und Helfer haben. Der Einsatz eines FSJlers ist für uns auch eine gute Möglichkeit, junge Leute für die Mitarbeit in Vereinen generell und besonders in unserem Verein zu gewinnen.

Was fordert ihr von der Politik?

Die Verpflichtung im Koalitionsvertrag, die Freiwilligendienste weiter zu stärken, muss eigehalten werden, die finanzielle Förderung darf nicht gekürzt werden. Vielmehr sollte eine Stärkung der Freiwilligendienste erfolgen. Diese sind gerade im sozialen Bereich nicht nur als Unterstützung für die Hauptamtlichen enorm wichtig, sondern auch, um zukünftige Fachkräfte zu gewinnen und das Ehrenamt zu stärken.